Ein Reifen für alles? Die große Frage rund ums Jahr.
Stell dir vor: Du wechselst nie wieder Reifen. Kein Frühjahr, kein Herbst, kein nerviges Hantieren in der Werkstatt — einfach montieren und fertig. Ganzjahresreifen (Allwetterreifen) werfen genau dieses Versprechen in den Raum. Aber wie nah kommen sie dran an Sommer- und Winterreifen? Wo liegen die Knackpunkte?
Lass uns gemeinsam das Für und Wider durchgehen – inklusive aktueller Testergebnisse von Auto Bild und ADAC – und am Ende gibt’s Tipps, wie du clever durch die Reifenwechselzeiten kommst.
Vorteile von Ganzjahresreifen
Beginnen wir mit dem sonnigen Teil:
- Kein saisonaler Reifenwechsel und keine Einlagerungskosten
Du brauchst nicht zweimal im Jahr in die Werkstatt zu fahren, um von Sommer auf Winter (und zurück) zu wechseln. Auch das Einlagern eines zweiten Reifensatzes entfällt. Der ADAC nennt das als typischen Vorteil von Ganzjahresreifen. - Platzersparnis
Kein zweiter Reifensatz im Keller, in der Garage oder im Mietlager — das spart Stauraum. - Kostenvorteil insbesondere für Wenigfahrer
Wenn dein Auto nicht allzu oft bewegt wird oder du überwiegend in Regionen mit moderatem Klima fährst, kann es günstiger sein, nur einen Reifensatz zu haben statt zwei. - Ganzjähriger Einsatz – flexibler
Du bist wetterunabhängiger unterwegs — morgens Schnee, abends Regen — du brauchst nicht umzurüsten. - Gute Modelle kommen im Test bereits sehr nah an Spezialreifen ran
Moderne Allwetterreifen sind nicht mehr die Kompromissgummis von früher; in den Tests von Auto Bild 2025 zeigen sich Spitzenmodelle teils überraschend stark in Schnee, Nässe und Trockenheit. Beispiel: Der Pirelli Cinturato All Season SF3 belegte in der Dimension 225/40 R18 den ersten Platz mit der Note 1,1 („sehr gut“) — seine Stärken: sportliches Handling, ausgewogene Leistungen bei unterschiedlicher Witterung.
Nachteile / kritische Punkte von Ganzjahresreifen
So schön das Konzept klingt – der Teufel steckt im Detail:
- Kompromisscharakter
Ein richtig guter Winterreifen und ein richtig guter Sommerreifen haben Eigenschaften, die sich teilweise widersprechen (z. B. Gummimischung, Profiltiefe, Lamellenstruktur). Ein Allwetterreifen kann selten in beiden Extremen gleichwertig mithalten. - Leistungseinbußen bei extremer Witterung
Speziell bei starkem Schneefall oder bei heißem Asphalt sind sie oft schlechter als die spezialisierten Varianten. In manchen ADAC-Tests schnitten manche Modelle bei Nässe oder Schnee deutlich schwächer ab. - Sicherheitsrisiken bei schlechteren Modellen
Im aktuellen ADAC-Ganzjahresreifentest 2025 wurden 16 Reifen geprüft — nur etwa die Hälfte wurde empfohlen; vier davon gelten als Sicherheitsrisiko. - Höherer Verschleiß in manchen Fällen
Manche Allwetterreifen nutzen sich auf nasser oder heißer Straße stärker ab, insbesondere wenn sie viel im Sommer beansprucht werden. - Nicht geeignet für Extremklima oder passionierte Fahrer
Wenn Dein Wohnort starke Winter hat (viele Schneetage, viel Eis) oder Du oft sportlich fährst (z. B. Kurven, hohe Geschwindigkeiten), sind Spezialreifen meist sicherer. - Kostenfallen durch schlechte Modelle
Wenn Du einen billigen Allwetterreifen nimmst, aber er in Tests massiv schlechter abschneidet (z. B. bei Nässe, längerer Bremsweg), dann kann das mehr kosten als zwei gute Saisonreifen. - Gesetzliche Anforderungen & Kennzeichen beachten
Damit ein Ganzjahresreifen auch im Winter eingesetzt werden darf, muss er das Schneeflockensymbol (3PMSF) tragen (nicht nur M+S).
Auto Bild Test & ADAC Test – Highlights und Erkenntnisse
Auto Bild 2025 – Ganzjahresreifen
- Für die Dimension 225/40 R18 testete Auto Bild 15 aktuelle Allwetterreifen. Sieger: Pirelli Cinturato All Season SF3 mit 1,1 („sehr gut“)
- Stärken: sportliches Handling, ausgewogene Leistungen bei Nässe, Trockenheit und Schnee
- Schwächen: etwas hoher Verschleiß
- Das Magazin lobt, dass moderne Ganzjahresreifen in Tests immer näher an Spezialreifen herankommen, aber warnt vor Modellen mit zu einseitigen Schwächen.
- In Dimension 215/55 R17 gewann Vredestein Quatrac den Test, vor Bridgestone Turanza All Season 6
- Der Umweltaspekt wird ebenfalls bewertet: Reifen mit geringem Rollwiderstand und schonendem Materialeinsatz bekommen Zusatzpunkte.
ADAC 2025 – Ganzjahresreifen
- 16 Modelle in der Dimension 225/45 R17 wurden getestet. Ergebnis: Nur acht Modelle wurden empfohlen, vier gelten als potenzielles Sicherheitsrisiko.
- Einer der Testsieger ist der Goodyear Vector 4Seasons Gen-3 (Urteil 2,3)
- Der ADAC warnt, dass bei vielen Modellen die Sicherheitsreserven zu gering seien – besonders bei Nässe oder in kritischen Situationen.
- In Pressemitteilungen heißt es: „Praktisch ist nicht gleich sicher.“
Mein Eindruck: Die Tests bestätigen, was wir im Alltag schon gespürt haben: Gute Allwetterreifen sind möglich und teilweise sehr beeindruckend. Aber viele Modelle sind zu schwach und können im Ernstfall riskant sein. Also: Auswahl mit Bedacht.
Tipps für die Reifenwechselsaison & clevere Strategien
Damit Dein Reifenwechsel (oder Nicht-Wechsel) möglichst stressfrei und sicher läuft, hier meine praktischen Empfehlungen:
- Früh planen – Termin sichern
Werkstätten sind oft ausgebucht in der Umrüstzeit (Frühling und Herbst). Reserviere rechtzeitig. - Profiltiefe im Blick behalten
Auch Ganzjahresreifen: Wenn das Profil zu flach wird (unter 4 mm bei Wintereinsatz, 3 mm allgemein), fällt die Sicherheit deutlich. - Reifendruck regelmäßig prüfen
Temperaturwechsel verändern den Druck. Im Frühjahr und Herbst öfter prüfen und anpassen. - Radwechsel gleich mit Achsvermessung prüfen
Wenn Du die Reifen wechselst, lass auch die Lenkeinstellung, die Spur prüfen — unbemerkte Schäden wirken sich auf den Reifenverschleiß aus. - Sommer- oder Winterreifen statt Allwetter, wenn Du in Extremen fährst
Wenn Dein Wohnort starken Winter mit viel Schnee hat, könnte ein starker Winterreifen + Sommerreifen besser sein. - Nur gute Allwetterreifen auswählen – auf Testurteil achten
Nimm keine No-Name-Marken ohne 3PMSF und ohne solide Testergebnisse. Die Sicherheit geht vor.
Tipp: Achte auf Testsiegel von ADAC, Auto Bild oder anderen seriösen Instituten. - Richtige Lagerung (bei saisonalen Reifen)
Reifen trocken, kühl, dunkel lagern, nicht stehend auf scharfe Kanten legen. - Balance & Zustand prüfen
Beim Aufziehen: Reifen wuchten lassen, Beschädigungen (Schnitte, Risse) kontrollieren. - Langsame Eingewöhnung bei neuem Reifen
Wenn Du neue Reifen montierst (Allwetter oder neu), fahr die ersten Kilometer vorsichtig — Gripverhalten eingewöhnen. - Dokumentation führen
Notiere Wechseltermine, Laufleistung, Profiltiefe — das hilft bei späterer Entscheidung, wann neue Reifen nötig sind.
Fazit
Ja, Ganzjahresreifen sind ein verlockendes Konzept: ein Reifen für alle Wetterlagen, ohne zweimal im Jahr Stress. Aber sie sind kein Allheilmittel. Die Tests (Auto Bild, ADAC) zeigen: Es gibt sehr gute Modelle – aber leider auch gefährliche Kandidaten. Wenn Du Dich für Allwetterreifen entscheidest, dann bitte nur mit geprüfter Qualität, passender Kennzeichnung (3PMSF), und Bewusstsein für die Grenzen.
Am Ende hängt es ab von Deinem Einsatzprofil: Wo fährst Du (klimatisch), wie oft, wie sportlich? Für viele Alltagsfahrer mit gemäßigtem Klima kann ein Top-Ganzjahresreifen eine praktische Lösung sein. Für Extremfahrer und in harschem Winterwetter würde ich immer zu spezialisierten Reifen raten.